Städtebau im Quartier am Rotweg

Im Quartier am Rotweg entwickelt Neues Heim – Die Baugenossenschaft eG mit ihrem Projektpartner Baugenossenschaft Zuffenhausen eG ein Pionierprojekt. In Kooperation mit der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) lobten die beiden Baugenossenschaften 2020 einen städtebaulichen Realisierungswettbewerb aus, um städtebauliche und architektonische Perspektiven für das Wohnen der Zukunft zu entwickeln.
Im Rahmen dieser durch das Neue Heim initiierten genossenschaftlich getragenen Quartiersentwicklung entstehen bis 2027 auf einem rund zwei Hektar großen Areal in einer bestehenden Nachkriegssiedlung aus den 1950er-Jahren sukzessive 10 Gebäude mit insgesamt ca. 220 Wohneinheiten mit vielfältigen Wohnungstypen. Hinzu kommen Flächen für verschiedene gemeinschaftliche und gewerbliche Nutzungen.
Seit der Entscheidung des städtebaulichen Wettbewerbs im April 2021 sind die drei beauftragten Planungsbüros ISSS research | architecture | urbanism aus Berlin, EMT Architekten aus Stuttgart und StudioVlayStreeruwitz aus Wien sowie die beiden Landschaftsarchitekturbüros TOPO*grafik aus Marseille und Greenbox aus Stuttgart dabei, die städte- und hochbaulichen Planungen in einem kooperativen Dialogprozess gemeinsam mit den Genossenschaften weiterzuentwickeln. Die Planer*innen traten dazu im Rahmen des Beteiligungsprozesses „Reallabor Wohnen – resilient und generationengerecht für Alle in Stuttgart-Rot“ auch mit den vielfältigen Akteuren vor Ort in den Dialog.
Die Meilensteine des Planungsprozesses im Überblick
Juli 2020 – April 2021: Einstufiger, nicht offener städtebaulicher Wettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren
Für das neue Quartier am Rotweg wurde ein städtebaulicher Wettbewerb mit 15 teilnehmenden Planungsteams aus Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz durchgeführt. Zugelassen waren Stadtplaner*innen und Architekt*innen, auch in Kombination mit Landschaftsarchitekt*innen und Mobilitätsexpert*innen. Vier Teams wurden direkt eingeladen, elf qualifizierten sich über ein Auswahlverfahren. Die Entscheidung im Realisierungswettbewerb fand am 13. April 2021 im Bürgerhaus Rot in einer hybriden Veranstaltung statt. Das 27-köpfige Preisgericht bestand aus Fachleuten, Vertreterinnen der Stadt, der IBA’27 sowie Bürgervertreterinnen. Auf Empfehlung der Preisgerichtsjury wird die erstplatzierte Bewerbergemeinschaft mit der Überarbeitung des Wettbewerbsergebnisses als Grundlage für das nachfolgende Bebauungsplanverfahren sowie mit der Planung der übergeordneten Freianlagen beauftragt. Die weiteren Preisträger werden mit der Objektplanung von Hochbauten und den zugehörigen Freianlagen beauftragt.
1. Preis: ISSS research | architecture | urbanism (Berlin) zusammen mit TOPO*GRAFIK paysagistes (Marseille)
2. Preis: EMT Architektenpartnerschaft mbB (Stuttgart) mit Jetter Landschaftsarchitekten (Stuttgart)
2. Preis: StutdioVlayStreeruwitz ZT-GMBH (Wien) mit rajek barosch landschaftsarchitektur (Wien)
Ab Mai 2021: Planungsprozess und Start des Bebauungsplanverfahrens
Die Planung für das Quartier am Rotweg entsteht in enger Zusammenarbeit zwischen den beauftragten Planungsbüros, Fachplaner*innen, der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) und den Baugenossenschaften. Gemeinsame Exkursionen, regelmäßige Abstimmungen und der Austausch mit sozialen Trägern sowie weiteren Beteiligten sorgen dafür, dass vielfältige (Fach-)Perspektiven frühzeitig in die Planung einfließen. Zur Sicherung der Qualitäten begleitet ein Expert*innengremium aus der Wettbewerbsjury die weitere Planung. Grundlage für die Umsetzung ist der Bebauungsplan, der durch das Amt für Stadtplanung und Wohnen der Landeshauptstadt Stuttgart gesteuert wird.
Das Begleitgremium über die Qualitäten der Planung
Sommer 2021 – Dezember 2023: Reallabor Wohnen – resilient und generationengerecht für Alle in Stuttgart-Rot
Das Projekt „Reallabor Wohnen – resilient und generationengerecht für Alle in Stuttgart-Rot“ wurde im Rahmen der Wohnraumoffensive BW des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg in der zweiten Tranche der „Patenschaft Innovativ Wohnen BW – beispielgebenden Projekte“ gefördert. Im Mittelpunkt des partizipativen Quartiersentwicklungsprozesses des Neuen Heims in Kooperation mit der Baugenossenschaft Zuffenhausen eG stand der offene Dialog mit unterschiedlichen Zielgruppen (u. a. Bürgerschaft, Fachleute, Wissenschaft und soziale Träger) und die Erprobung neuartiger Steuerungsstrukturen sowie innovative Instrumente der Beteiligung. Die Förderung war eine Chance, um den bereits laufenden städtebaulichen Planungsprozess zu vertiefen und in die konkrete Neubauplanung einzusteigen.
Die Zeit bis zum Abriss der ursprünglichen Zeilenbauten im Quartier am Rotweg wurde genutzt, um Antworten auf die Zukunftsherausforderungen des bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnens zu suchen. Prozessoffenheit und ein iteratives Vorgehen zeichneten das Reallabor Wohnen aus. Auf der Laborbühne, einem temporären Experimentierlabor mitten im Quartier, fanden daher im Zeitraum zwischen 2021 – 2023 zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen statt.
Mehr Infos zum Reallabor Wohnen
Ein Miniaturmodel im Maßstab 1:33 und ein begehbares 1:1-Modell machten die Planungen erlebbar und waren wichtige Instrumente, um die Themen der Planung mit Interessierten zu diskutieren.
Oktober 2023: Beginn der Abriss- & Vorbereitung der Neubaumaßnahmen
Nach weniger als 6 Monaten waren die Abbrucharbeiten im Quartier abgeschlossen. Wo bis vor kurzem noch mehrere große Zeilenbauten standen, entstehen auf der freien Fläche nun nach und nach die Gebäude des neuen Quartiers. Die erhaltenen Bäume werden während der Abbruch- und Bauarbeiten geschützt.


Oktober 2024: Baubeginn
Am 21. Oktober 2024 feierte das Neue Heim den Beginn des umfangreichen Bauprojekts am Rotweg. Mit einem symbolischen „Schlag auf den Buzzer“ wurden die Bauarbeiten gemeinsam eingeläutet. Nach und nach werden nun die insgesamt 10 Gebäude (9 Wohngebäude, 1 Mobility Hub mit der Geschäftsstelle des Neuen Heims) errichtet.
Verfolgen Sie den Baufortschritt live: Hier geht’s zur Baustellenkamera.

Mai 2025: Grundsteinlegung
In Anwesenheit zahlreicher Gäste aus Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft wurde am 23. Mai 2025 feierlich der Grundstein für das IBA’27-Projekt Quartier am Rotweg in Stuttgart gelegt. Gemeinsam mit dem Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg, der Landeshauptstadt Stuttgart und der IBA’27 würdigten die Projektpartnerinnen nicht nur den besonderen Ort, sondern auch die hohe Qualität der Zusammenarbeit bei einem in vielerlei Hinsicht außerordentlichen Vorhaben. Die enge Abstimmung und das gemeinsame Ziel, ein lebendiges und sozial ausgewogenes Quartier zügig zu realisieren, machen das Projekt zu einem beispielhaften Modell gelungener Kooperation.
Die an die Grundsteinlegung anschließende Veranstaltung im Rahmen des zweiten IBA’27-Festivals bildete die Brücke zwischen Fachveranstaltung und Stadtgesellschaft und machte das entstehende Quartier auf vielfältige Weise erlebbar: Vor Ort standen die beteiligten Architekturbüros, sozialen Träger und Kooperationspartner für Fragen zur Verfügung.
Das Quartier am Rotweg zeigt, wie moderner Wohnungsbau heute funktionieren kann: gemeinsam, sozial durchmischt und bezahlbar. Hier entsteht nicht nur Wohnraum, sondern echtes Miteinander – gefördert vom Land im Rahmen unserer Wohnraumoffensive. Solche Projekte sind ein wichtiger Baustein für sozialen Zusammenhalt und Lebensqualität – genau das brauchen wir noch mehr in Baden-Württemberg.
Nicole Razavi MdL,
Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen BW
Herbst 2026: Fertigstellung der ersten beiden Gebäude des Neuen Heim
Bis Herbst 2026 sollen die ersten Gebäude des Neuen Heims bereits fertiggestellt sein. Die Häuser DIANA (16 Wohnungen, 4 Wohngemeinschaften, inklusive Kita und Gewerbeflächen) und ZIDANE (17 Wohnungen, 2 Clusterwohnungen, 4 Gästewohnungen, Quartiersküche, Jokerraum, Gewerbeflächen) werden als Erstes bezugsfertig.
2027: Geplante Fertigstellung des gesamten Quartiers
Bis zum Frühjahr 2027 ist die Fertigstellung von PIA (Geschäftsstelle Neues Heim sowie IBA‘27-Ausstellungsflächen und Mobility Hub, Quartiersdachgarten, Gastronomie) und DINE (26 Wohnungen, 2 Clusterwohnungen, Pflege-WG und Gewerbeflächen) geplant.
Frühjahr bis Herbst 2027: Internationale Bauausstellung im Neubauquartier am Rotweg
Die Planungen im Detail
Qualitäten des Wohnraums
Die Gebäude im Quartier am Rotweg bieten eine Vielzahl unterschiedlicher Wohntypologien, die sich an unterschiedliche Lebenssituationen anpassen lassen: klassische Wohnungen in verschiedenen Größen, gemeinschaftsorientierte Clusterwohnungen sowie Einheiten mit Plus-Zimmern, die je nach Bedarf unterschiedlich genutzt werden können, z. B. als Kinderzimmer, Büro oder Gästezimmer.
Ein besonderes Merkmal sind die offen gestalteten Erschließungsräume wie Laubengänge und Atrien. Sie dienen als Erweiterung des Wohnraums und bieten Platz für Begegnung oder nachbarschaftliche Nutzungen. Die Küchen orientieren sich zum Laubengang, sodass Sichtkontakt und spontaner Austausch möglich sind. Gleichzeitig liegen die privaten Wohnräume auf der abgewandten Seite – für mehr Rückzug und Ruhe.
Die Planer*innen berichten von den verschiedenen Wohnqualitäten
Eine ganz wichtige Option aller Häuser im Quartier ist das „Hinauswohnen“ aus der eigenen Wohnung.
Lina Streeruwitz,
StudioVlayStreeruwitz, Wien

Was ist eigentlich eine Clusterwohnung?
Eine Clusterwohnung besteht aus mehreren kleinen, privaten Einheiten (jeweils mit eigenem Bad), die über einen großzügigen Gemeinschaftsbereich verbunden sind. Dieser dient nicht nur der inneren Erschließung, sondern auch als gemeinsam genutzter Wohnraum.
Diese Wohnform kombiniert Rückzugsmöglichkeiten mit gemeinschaftlichem Leben – ideal z. B. für Mehrgenerationenwohnen, inklusive Wohnprojekte oder selbstorganisierte Hausgemeinschaften. Sie spart Fläche, reduziert Ressourcenverbrauch und fördert ein aktives soziales Miteinander. Das Besondere an dieser Wohnform ist, nicht jeder mietet für sich alleine, sondern die Gemeinschaft mietet für alle Bewohner der Clusterwohnung.
Qualitäten der Freiräume
Die Freiräume im Quartier am Rotweg sind vielfältig gestaltet. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Erhalt der vorhandenen Baumbestände die das Quartier prägen. Diese werden durch neue Pflanzungen, wie Obstgehölze in den Höfen und auf den Dächern, sinnvoll ergänzt.
Die Freiräume im Quartier sind in drei Ebenen gegliedert, die unterschiedliche Qualitäten und Zugänglichkeiten bieten.
- Öffentliche Freiräume: Diese Bereiche stehen allen offen. Dazu gehören die barrierefreien Wege, die sich durch das gesamte Quartier ziehen, sowie die große Gemeinschaftswiese in der Quartiersmitte. Diese bildet das grüne Herzstück des Quartiers – mit Sonnenterrassen, Bachlauf und Retentionsfläche, die bei Starkregen Wasser aufnimmt. Begrünte Wege, Sträucher und Bäume sorgen für ein angenehmes Mikroklima. Die Quartiersecken markieren die zentralen Eingänge ins Quartier und verbinden sich mit der Mitte zu einem offenen, durchlässigen Wegenetz.
- Halböffentliche Freiräume: Die Hofbereiche zwischen den Häusergruppen sind vorrangig für die Bewohner*innen der angrenzenden Gebäude gedacht. Sie bieten Raum für gemeinschaftliches Gärtnern, Spielbereiche und nachbarschaftliche Aktivitäten.
- Private Freiräume: Die Dachterrassen der einzelnen Gebäude sind den jeweiligen Häusern und den dort lebenden Bewohner*innen vorbehalten und bieten einiges an Gestaltungsspielraum (…) Dort ist auch eine große Fläche für Gastronomie auf dem Dach vorgesehen Eine besondere Rolle spielt die Dachterrasse auf „Haus Pia“ an der westlichen Ecke des Quartiers: Sie wird Teil des Mobilitätshubs sein und steht allen Bewohner*innen des Quartiers und Gästen offen. Dort ist unter anderem eine Gastronomie auf dem Dach angesiedelt.
Landschaftsarchitekt Hannes Banzhaf, topo*grafik paysagistes, berichtet vom Freiraumkonzept:

Stephan Schwarz, ISSS Research Architecture Urbanism, berichtet von den Erdgeschossnutzungen:

Erdgeschossnutzungen und
Gemeinschaftsräume
Damit im Quartier am Rotweg nicht nur gewohnt, sondern gemeinsam gelebt wird, spielen gemeinschaftlich nutzbare Räume eine zentrale Rolle. Die Erdgeschosszonen sind weitestgehend vom Wohnen freigehalten und werden zur sozialen Schnittstelle zwischen privatem Wohnen und öffentlichem Leben. Hier entstehen Räume für gemeinschaftliche, kulturelle und gewerbliche Nutzungen, die das tägliche Miteinander fördern und flexibel auf die Bedürfnisse der Bewohnerschaft reagieren können.
Den Plan zur Erdgeschossnutzung (Stand Oktober 2023) finden Sie hier
Geplante Erdgeschoss- und Gemeinschaftsnutzungen:
- Quartiersküche – als Treffpunkt zum gemeinsamen Kochen und Essen
- WaschBar – gemeinschaftlich nutzbare Wasch- und Begegnungsstätte
- IBA-Ausstellungsraum – als Plattform für Austausch und Einblicke ins Projekt
- Mikro-Gewerbeeinheiten – mietbare Räume z. B. für Homeoffice oder Kleingewerbe
- Gastronomieflächen – z. B. für ein Café oder kleine Gastroangebote
- Jokerräume – flexibel nutzbare Räume für das Neubauquartier
- Mobility Hub – das Mobilitätszentrum mit Fahrradstellplätzen, Sharing-Angeboten, Lastenrädern, E-Ladestationen und Quartiersgarage
- Inklusive Kindertagesstätte – für die Betreuung der Kleinsten direkt im Quartier
- Pflegewohngemeinschaften und Pflegestützpunkt – als wohnortnahe Anlaufstelle für Pflege und Beratung
Die räumliche Konsequenz, die sich aus diesem Leitgedanken des krisenfesten Quartiers ergibt, ist eine intensive Nutzungsmischung, die sich insbesondere in den Erdgeschoss-Zonen abzeichnet.
Stephan Schwarz,
ISSS Research Architecture Urbanism, Berlin